Gluten ist das sogenannte „Klebereiweiß“, dass die Eigenschaft besitzt Brotwaren in der Produktion „fluffig“ zu machen. Natürliche Vorkommen finden man in Weizen, Hafer, Gerste oder Reis. Dagegen besitzt Roggen nur einen relativ geringen Glutenanteil, während Hirse, Mais, Quinoa und Amaranth vollkommen frei von Gluten sind. Hierbei wird Gluten oft als schädlicher Nahrungsmittelbestandteil bezeichnet, weshalb einige Menschen auf diverse Lebensmittel verzichten. Um das auf zu drosseln, muss man allerdings etwas weiter ausholen. Denn Gluten setzt sich aus verschiedenen Bestandteilen zusammen. „Problemkind“ hierbei ist das Lektin, dass wiederum in zwei Gruppen unterteilt werden kann: den Gluteninen und den Prolaminen. Die für uns hier relevante Gruppe sind die Prolamine. Diese findet man beispielsweise in Weizen in Form von Gliadin, in Gerste in Form von Hordein und in Reissorten in Form von Oryzin.
Vor allem das Gliadin aus dem Weizen ist für diejenigen unter uns, die unter Zöliakie leiden schlecht verträglich. Problem beim Verzehr von Gliadin ist, dass keine passenden Verdauungsenzyme vorhanden sind, um dieses Protein zu aufzuspalten, sodass es letztendlich aufgespalten und aufgenommen werden kann. Zusätzlich können Prolamine als Proteasehemmer fungieren.
„Proteasen sind proteinspaltende Enzyme im menschlichen Verdauungstrakt.“
Somit wird die Verdauung des Nahrungsbreis zusätzlich erschwert. Denn bevor der Nahrungsbrei in den Dickdarm gelangt, durchläuft er mehrere Verdauungsabschnitte, wie zum Beispiel den Dünndarm, dem Hauptabschnitt der Nährstoffaufnahme. Während Proteine bereits im Magen durch spezifische Enzyme zerkleinert werden, geschieht dies mit Kohlenhydraten und Fett zum großen Teil erst im Dünndarm. Nahrungsbestandteile wie Aminosäuren und Kohlenhydrate können über zwei Wege im Dünndarm aufgenommen werden. Zum einen über den transzellulären Weg, also direkt durch die Zellen, oder dem parazellulären Weg, der 90% ausmacht, zwischen den Zellen hindurch. Im parazellulären Transportweg besitzt vor allem das Gliadin eine Affinität zum Chemolin Rezeptor Typ 3, der sich an den Darmzellen in der Darmwand befindet. Dieser wird durch das Andocken von Gliadin aktiviert, was wiederum zu einer Ausschüttung von Zonulin führt. Zonulin, löst hierbei die „tight junctions“, die die Darmwand befestigen, sodass normalerweise nichts zwischendurch gelangen kann, auf. Anders als die Blut – Hirn Schranke ist der Dünndarm recht „durchlässig“. Erfolgt eine starke Zonulinausschüttung, droht das Eindringen von Keimen oder Nahrungsbestandteilen, wie dem Gliadin, das nicht ausreichend verdaut wurde. Diese Nahrungsbestandteile gelangen nun unverdaut auf die „falsche Seite“ des Darms und werden vom Immunsystem als Fremdkörper wahrgenommen. Dies führt zu einer erhöhten Aktivität des Immunsystem und unerwünschten Entzündungen. Durch diese Entzündungsherde kann die Darmwand zusätzlich geschädigt werden. Gliadin ist deshalb so effektiv die „tight junctions“ zu lösen, da für die Reaktion von Zonulin eine Aminosäurensequenzen von vier Aminosäuren verantwortlich ist. Bekanntermaßen bestehen Proteine aus komplexen Ketten von Aminosäuren und ein Molekül Gliadin enthält fünf dieser Sequenzen. Avenin, aus dem Hafer besitzt lediglich zwei. Somit triggert die gleiche Menge Avenin eine geringere Zonulinausschüttung, als Gliadin. Darüber hinaus enthält 100 Gramm Hafer lediglich 1,5 Gramm Avenin, wohingegen dieselbe Menge Weizen bereits sechs Gramm Gliadin enthält. Im Vergleich besitzt somit Weizen somit die mehrfache Menge der kritischen Aminosäurensequenz, als Hafer. Ich möchte an dieser Stelle erwähnen, dass ich Gluten weder verteufle noch jemanden sein Frühstücksbrötchen madig machen möchte. Gehörst du zu denjenigen die keinerlei Probleme mit dem Verzehr von Gluten haben, ist alles in Ordnung. Verträgst du allerdings Weizenprodukte schlecht und hast die typischen Symptome nach dem Verzehr oder du hast bereits die Gewissheit, dass du unter Zöliakie leidest, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Um herauszufinden ob es dir ohne den Verzehr von Gluten besser geht, musst du keine große Wissenschaft betreiben. In dem du zum Beispiel einen Monat im Selbstversuch auf glutenhaltige, vor allem weizenhaltige Lebensmittel verzichtet, findest du leicht heraus, ob es dir mit weniger Gluten besser geht. Personen, die unter Zöliakie leiden, sollten komplett auf Weizen, Hafer, Gerste oder Reis verzichten. Stattdessen bieten sich Hirse, Mais, Quinoa und Amaranth an, die frei von Gluten sind. Es scheint hierbei, wie bei vielen anderen „kritischen“ Nahrungsmittelbestandteilen eine individuelle Verträglichkeit zu geben. Ob und wie viel Gluten man verträgt hängt vermutlich vom genetischen Potenzial und der daraus resultierenden Toleranz ab. Erfahrungsgemäß macht die Menge das Gift. Literatur- Deutsche Zöliakie-Gesellschaft E.v. (Dzg): DZG – Das Krankheitsbild. In: dzg-online.de. Abgerufen am 9. Juni 2015.
- Johannes Gudow: Ernährung: Die Legende vom bösen Gluten. In: Die Zeit. November 2013; abgerufen am 9. Juni 2015.
- Gerhard Eisenbrand: RÖMPP Lexikon Lebensmittelchemie, 2. Auflage, 2006. Georg Thieme Verlag, 2014, ISBN 978-3-13-179282-2, S. 460
- Ternes, Täufel, Tunger, Zobel: Lebensmittel-Lexikon, Behr’s Verlag, 4. Auflage 2005.
- Walter Bushuk, Vladimir F. Rasper: Wheat: production, properties and quality. Blackie Academic and Professional, Glasgow 1994, ISBN 0-7514-0181-1, S. 76 ff.