Die Zahl der Jugendlichen, die den Sprung in einen Profikader schaffen ist gering und liegt bei gerade mal circa zehn Prozent. Das hat zahlreiche Gründe weil die Entwicklung von Talenten immer ein multifaktorieller und nicht linearer Prozess ist. Zudem besitzt jeder Verein genauer gesagt wohl jede handelnde Person mit gewissen Überschneidungen eigene, für sich sinnvolle und gerechtfertigte Kriterien zur Einschätzung des Talents eines Jugendspielers. Dennoch sind einige vereinsunabhängige Parallelen auf gewissen Positionen zu erkennen. So sind die Innenverteidiger oftmals größer und schwerer als ihre Mitspieler, die zentralen Mittelfeldspieler verfügen über die besten Ausdauerwerte und die offensiven Außenbahnspieler erzielen die besten Schnelligkeitswerte. Dieser Querschnitt der Spielergesellschaft ist allerdings für die individuelle und ortsunabhängige Talenteinschätzung wenig hilfreich. Trainer und Talentscouts brauchen für die Sichtung einen handfesten Kriterienkatalog. Dafür schlossen sich zahlreiche Experten, Trainer aus den Nachwuchsleistungszentren und Wissenschaftler zusammen, um aus den Themen Physis, Technik, Psyche und weiteren offenen Faktoren Talentmerkmale zu erstellen. Ergebnisse waren circa 40 Eigenschaften, auf die sich die Experten einigen konnten.
40 Talentmerkmale laut englischer Expertenmeinung | |||
Mental | Offene Faktoren | Körperlich | Technik |
Aggressivität | Anpassungsfähigkeit | Sprungkraft | Tackling |
Antizipation | Konstanz | Ausdauer | 1 vs 1 |
Mut | Vielseitigkeit | Kraft | Technische Fähigkeiten unter Druck |
Selbstbeherrschung | Leistungsfähigkeit bei wichtigen Spielen | Bewegungsschnelligkeit | Kopfballspiel |
Konzentration | Trainerbarkeit | Beschleunigungsvermögen | Torabschluss |
Entscheidungshandeln | Kommunikation | Balance | Passgenauigkeit |
Zielstrebigkeit | Intuition | Fitness | Deckungsverhalten |
Führungsqualitäten | Kreativität | Agilität | Distanzschüsse |
Mitdenken | Dribblings | ||
Stellungsspiel | Erster Ballkontakt | ||
Teamfähigkeit | Hohe Zuspiele | ||
Einstellung | Standardsituationen | ||
Zukunftsdenken | Einwürfe |
Quelle: Roberts et al. Science and Medicine in Football 2019
Trainer und Scouts sollten bei der Talentsichtung mehr oder weniger auf alle Talentmerkmale achten. Bislang unterschätzte Faktoren wie die mentalen und technischen Fähigkeiten sollten vermehrt in den Fokus gerückt werden.
Ralf Rangnick über Vor- und Nachteile der Arbeit mit jungen Spielern
Literatur
- Towlson C, Cobley S, Midgley A, Garrett A, Parkin G, Lovell R. 2017. Relative age, maturation, and physical biases on position allocation in elite-youth soccer. Int J Sports Med. 38(3):201–209.
- Collins D, MacNamara A, Cruickshank A. 2018. Research and practice in talent identification and development – some thoughts on the state of play. J Appl Sport Psychol:1–12.
- Meshkat B, Cowman S, Gethin G, Ryan K, Wiley M, Brick A, Clarke E, Mulligan E. 2014. Using an e-Delphi technique in achieving consensus across disciplines for developing best practice in day surgery in Ireland. J Hosp Adm. 3:4.
- Larkin P, O’Connor D. 2017. Talent identification and recruitment in youth soccer: Recruiter’s perceptions of the key attributes for player recruitment. PLoS ONE 12(4): e0175716.
- Bradley PS, Lago-Peñas C, Rey E, Gomez Diaz A. 2013. The effect of high and low percentage ball possession on physical and technical profiles in English FA Premier League soccer matches. J Sports Sci. 31 (12):1261–1270.
- Collins D. 2014. Comment on “Football-specific fitness testing: adding value or confirming the evidence? J Sports Sci. 32(13):1206–1208.
- Vieira, L. H. P., Carling, C., Barbieri, F. A., Aquino, R., & Santiago, P. R. P. (2019). Match Running Performance in Young Soccer Players: A Systematic Review. Sports Medicine 49(2):289–318
- Anderson G, Miller R. 2011. The academy system in English professional football. Liverpool: Liverpool University Management School.
- Vaeyens R, Lenoir M, Williams AM, Philippaerts RM. 2008. Talent identifica- tion and development programmes in sport: current models and future directions. Sport Med. 38(9):703–714.